Dr. med. Thomas Sieber MBA Departementsleiter ANIR und Chefarzt Anästhesie
ANIR
«Wir suchten immer nach neuen und besseren Therapieformen.»
Dr. med. Thomas Sieber MBA, Departementsleiter ANIR und Chefarzt Anästhesie
«Wir sind das Corona-Departement schlechthin! Bei uns lief es in allen Bereichen auf Hochtouren; angefangen bei der Rettung, die die kranken Menschen ins Kantonsspital brachte über die Zentrale Notfallstation, wo die Patientinnen und Patienten aufgenommen wurden bis zur Intensivpflegestation, die plötzlich eine grosse Anzahl an Kranken zu versorgen hatte. Die IPS war die am meisten betroffene Station und wir mussten Personal von der Anästhesie und anderen Abteilungen auf die IPS zum Aushelfen verschieben.
Wir waren auf verschiedenen Ebenen gefordert. Denn so eine Pandemie hat bisher noch keiner von uns erlebt. Zwar kannten wir uns mit Infektionswellen aus, aber eine Pandemie in diesem Ausmass kannten wir nur aus der Literatur über die Pest und die Spanische Grippe. Deshalb brauchte es gerade zu Beginn einiges an Improvisation.
Anfangs wusste man gar nicht, welches die optimale Behandlung für Covid-Patienten ist. Wir setzten verschiedene Medikamente wie Steroide, Antibiotika und Remdesivir ein. Wir intubierten Patienten früh, später stellten wir dieses wieder um. Wir suchten immer nach neuen und besseren Therapieformen. Zudem waren wir im ständigen Austausch mit internationalen Kolleginnen und Kollegen und beteiligten uns an Studien.
Daneben gab es noch die organisatorische Herausforderung. Die neue IPS sollte so rasch als möglich in Betrieb genommen werden. Die Eröffnung wurde um einige Wochen vorgezogen, gleichzeitig wurde aber der Betrieb der alten IPS aufrechterhalten, sie wurde zur ‹Covid-IPS› umfunktioniert. Die Schwierigkeit bestand darin, genügend Personal für zwei Intensivpflegestationen zu rekrutieren. Einerseits verschoben wir intern Personal, andererseits kamen extern Leute zu uns. Dies stellte sich im Nachhinein aber als herausfordernd heraus, weil es nicht ganz einfach ist, externe Leute mit verschiedenstem Background und teilweise weit zurückliegender Ausbildung in einen IPS-Ablauf zu integrieren.
Die zweite Welle gingen wir diesbezüglich anders an. Wir waren uns bewusst, dass Betten zwar schnell aufgestellt sind, dass das Personal dazu aber nicht so einfach zu finden ist. Deshalb verschoben wir intern vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche die Qualifikationen für die IPS hatten, aber auf einer anderen Abteilung arbeiteten.
Leute rekrutieren mussten wir auch für die Zentrale Notfallstation, da diese im Februar 2020 innerhalb weniger Stunden zusätzlich noch eine Abklärungsstation in Betrieb nahm, wo wir Tests und eben medizinische Abklärungen in Bezug auf Covid-19 vornahmen. Später im Jahr kam mit dem Testzentrum vor der dem Haupteingang noch ein dritter Standort dazu, was ebenfalls für alle eine grosse Herausforderung war.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten sich in allen Bereichen extrem schnell anpassen und flexibel sein und es war eine riesige Leistung, die sie im Berichtsjahr vollbracht haben. Darauf bin ich als Departementsleiter sehr stolz.
Ich persönlich fand vor allem in der Anfangsphase der Pandemie die ständige Ungewissheit am schwierigsten. Nicht zu wissen, ob noch mehr Fälle kommen und ob es noch schlimmer wird. Müssen wir noch mehr Massnahmen ergreifen? Wir haben verschiedene Eskalationsstufen erarbeitet, unter anderem war darunter auch das Szenario, den gesamten OP-Betrieb runterzufahren, damit wir Patientinnen und Patienten in den OP-Sälen hätten betreuen können. Zum Glück kam es nicht soweit. Aber nicht zu wissen, welche Eskalationsstufe zum Tragen kommt, fand ich etwas vom Herausforderndsten.
Damit verbunden war auch der Respekt vor dem Szenario, wenn wir nicht mehr alle Patientinnen und Patienten nach dem üblichen Standard hätten betreuen können. Auch dies traf glücklicherweise nicht ein. Wir konnten immer alle Patientinnen und Patienten nach medizinischen Kriterien behandeln und standen zum Glück nie vor dem schwierigen ethischen Entscheid, wen wir behandeln können und wen nicht, wie man dies aus anderen Ländern kannte.
Trotz allem Stress bin ich froh, dass ich im ANIR bin und bei dieser Pandemie nicht nur ‹Zaungast› war. Es ist auch ein Privileg, in solch einer Zeit mitzuhelfen und etwas zu bewirken.»
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Wir haben mitten in der Pandemie die neue Intensivstation bezogen.
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Dr. Seraina Eymann Oberärztin Intensivmedizin