Das Geschäftsjahr 2019.
Koexistenz als neue Herausforderung.
Martin Vincenz, CEO
Im Geschäftsjahr 2019 hat sich der Bündner Tourismus weiter erfreulich entwickelt. Die Logiernächtezahlen in Bündner Hotel- und Kurbetrieben konnten erneut gesteigert werden und – dies freut mich besonders – Graubünden bleibt die beliebteste Inlanddestination der Schweizerinnen und Schweizer. Noch nie haben so viele Gäste aus dem Inland einen Teil ihrer Ferien in Graubünden verbracht. Grazia fitg!
2019 wurde aber auch eine neue Herausforderung für den Tourismus deutlich: Im Sommer 2019 häufen sich Berichte in Schweizer Medien von Konflikten zwischen Bikern und Wanderern im Berggebiet. Biker stehen dabei meist in der Kritik der Wanderer, die sich in den Medienberichten auf gemeinsamen Wegstrecken zurückgedrängt fühlen. Da in Graubünden ein 11'000 Kilometer langes Wegenetz beiden Gäste- und Nutzergruppen grundsätzlich offensteht, ist der Kanton von der Entwicklung ebenfalls direkt betroffen.
Mit wenigen Ausnahmen verzichten wir in Graubünden auf Verbote. «Alles fahrbar» lautet unser Motto. Zu Recht bewahren wir uns die Freiheit in den Bergen und schaffen Zugang für alle. Eine erfolgreiche Koexistenz der verschiedenen Interessengruppen hängt jedoch ab vom respektvollen Umgang miteinander. Im Auftrag des Kantons ist dazu im Herbst 2019 eine «Fairtrail»-Kampagne lanciert worden. Auf humorvolle Weise wirbt sie für rücksichtsvolle Begegnungen auf Wegen – oder Trails – im Berggebiet. Nett, «suuber und parat», so gehen wir Bündnerinnen und Bündner mit der nötigen Gelassenheit eine Herausforderung an, die andernorts 2019 für rote Köpfe gesorgt hat.
2020 ist das Problem nicht einfach vom Tisch – im Gegenteil. Eine immer grössere Zahl verkaufter E-Bikes führt zu einer erweiterten und neu zusammengesetzten Bike-Community. In Zukunft ist ein «E» Standard. Eine Folge davon ist, dass noch mehr Zweiradfahrer in den Bergen anzutreffen sind. Das Potenzial aus touristischer Sicht ist enorm. Nicht nur wir Schweizer, auch zunehmend Gäste aus Deutschland, aus den Benelux-Staaten und aus dem Vereinigten Königreich steigen aufs Bike.
Wir sind bereit für die neuen Gäste. Denn nebst respektvoller Koexistenz entflechten wir die Wege dort, wo es nötig ist, wie zum Beispiel an stark frequentierten Stellen. Die Lenkung der Gästegruppen lässt Probleme gar nicht erst entstehen. Denn Mountainbiker gehen dorthin, wo das beste Angebot besteht. Graubünden als Home of Trails hat es. 2500 Kilometer sind im Kanton speziell als Mountainbike-Routen signalisiert. Und in den gut besuchten Bikeparks sowie auf den beliebten Biketrails der verschiedenen Destinationen kommt sich niemand in die Quere, Bikerinnen und Biker sind dort unter sich.
Schon vor Jahren hat Graubünden den Biketrend erkannt. Seither wurde ein starkes und vielfältiges Angebot aufgebaut. Heute kann Graubünden agieren. Da haben es andere Ferienregionen schwerer; sie müssen meistens reagieren und somit sind deren Probleme grösser. Doch wir dürfen diesen Vorsprung nicht verspielen. Ich weiss aus eigener Erfahrung als Biker: Manchmal kann es auch in unseren Bergen etwas eng werden. Dann gilt «Fairtrail-Respekt».
Denn parallel zum Biken «boomt» auch das Wandern. Jüngere entdecken nicht zuletzt dank Social Media die Natur wieder neu. Laut dem Tourismus Monitor Schweiz von Schweiz Tourismus kommen 55 Prozent der Sommergäste wegen des Wanderns nach Graubünden. Zum Vergleich: Für zehn Prozent stehen Spass und Erholung auf dem Bike im Vordergrund.
Ob von dieser oder von jener Seite: Die kritischen Stimmen nehmen wir ernst. Niemand soll sich bei uns auf seinen beliebten Wegen zurückgedrängt fühlen. Wichtig ist, dass Wanderer und Biker in einem Dialog bleiben. Nur so können wir voneinander und den verschiedenen Bedürfnissen lernen. Graubünden Ferien unterstützt mit Information und der Kommunikation von differenzierten Angeboten. Wir sind überzeugt: Miteinander wird es auch in Zukunft klappen. Helfen Sie mit und geniessen Sie unsere «Fairtrails».