Tourismustag 2021.
Mutig Veränderungen nutzen
Am graubünden Tourismustag 2021 in Pontresina standen die touristisch relevanten Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie im Zentrum. 140 Teilnehmende nutzten den Branchenanlass zum Erfahrungsaustausch und Networking. Als Premiere kamen die touristischen Vertreter von Wallis, Graubünden, Tirol und Südtirol zusammen. Nach 2019 lud Graubünden Ferien am 7. Oktober 2021 zum zweiten Mal zum Branchentreffen des Bündner Tourismus. Im Kongress- und Kulturzentrum Pontresina diskutierten Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, aus dem Tourismus und von den Medien die langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Zudem wurden neue Investitionen und Projekte den über 140 Anwesenden vorgestellt. Volkswirtschaftsdirektor Marcus Caduff, der das Grusswort der Bündner Regierung überbrachte, zeigte sich zufrieden mit dem gemeinsam beschrittenen Bündner Weg durch die Corona-Pandemie. Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und dem Tourismus habe er während dieser Zeit in einer neuen Qualität erlebt, sagte Caduff.
Podiumsdiskussion der Alpenländer am Tourismustag in Pontresina.
Podiumsdiskussion der Alpenländer am Tourismustag in Pontresina.
Chance auf neue Stammgäste
Von ihren eigenen Erfahrungen berichteten die Vertreter der Tourismus-Alpenregionen Wallis, Graubünden, Tirol und Südtirol. Die Geschäftsführer und Abteilungsleiter der touristischen Marketingorganisationen äusserten sich an einer Podiumsdiskussion in ihren Trendprognosen für den Tourismus im Alpenraum allesamt zuversichtlich. In der Corona-Pandemie habe eine gesellschaftliche Werteverschiebung stattgefunden, sagte Florian Phleps, Geschäftsführer von Tirol Werbung. «Die Alpen bilden für diese Bedürfnisse den idealen Resonanzboden.» Wolfgang Töchterle, Marketingdirektor IDM Südtirol – Alto Adige, pflichtete bei, dass der Markt voll von neuem Potenzial stecke. «Jetzt haben wir die Chance auf neue Stammgäste», so Töchterle. «Vor allem auch jüngere.» Damian Constantin, Direktor Valais/Wallis Promotion, prognostizierte, dass der Ganzjahrestourismus an Bedeutung gewinne – «insbesondere der Sommer und der Herbst». Eine Einschätzung, die auch Martin Vincenz, CEO Graubünden Ferien, teilte. Graubünden mit seinen verschiedenen Höhenlagen habe ideale Voraussetzungen dafür. «Wie ein Haus mit mehreren Stockwerken können Gäste unseren Ferienkanton das Jahr hindurch nutzen», zog Vincenz einen Vergleich.
Markteinschätzungen von Viviane Grobet, Alois Zwinggi und Reto A. Wilhelm (von links).
Markteinschätzungen von Viviane Grobet, Alois Zwinggi und Reto A. Wilhelm (von links).
Reisemärkte erholen sich unterschiedlich
Die Entwicklung in den Fernmärkten verläuft hingegen unterschiedlich. Reto A. Wilhelm, CEO und Inhaber Raw Consulting LTD, zeichnete folgendes Bild: Am besten von den Fernmärkten erholt sich der Mittlere und Nahe Osten, gefolgt von den USA. Asien hinke hinterher. Und die Erholung der Märkte dauert: «Wir rechnen damit, dass die Fernmärkte bis 2024 auf 80 % des Niveaus von 2019 sind», sagte Viviane Grobet, Leiterin Management Services Schweiz Tourismus. Alois Zwinggi, Managing Director WEF, konnte zumindest bereits Erfreuliches vom Kongresstourismus berichten. Das Interesse an Geschäftsreisen steige, «nach 18 Monaten mit Videokonferenzen wollen sich die Leute wieder persönlich treffen», sagte Zwinggi. Jürg Schmid, Präsident von Graubünden Ferien, hob die Stärken des Heimmarktes Schweiz hervor und meinte: «Nähe und Vertrautheit haben eine neue Wertigkeit erfahren.»
Einen Einblick in die Arbeit von Medien während der Corona-Pandemie gaben Ladina Heimgartner, Head of Global Media der Ringier AG sowie CEO der Blick-Gruppe, Larissa M. Bieler, Direktorin SWI Swissinfo.ch, sowie Martina Fehr, Direktorin des MAZ – die Schweizer Journalistenschule. Sie berichteten von den Herausforderungen der journalistischen Berichterstattung in einer Krise, in welcher der Diskurs lange Zeit auf Distanz stattfand.
Medien-Panel mit Ladina Heimgartner, Larissa M. Bieler und Martina Fehr (von links).
Medien-Panel mit Ladina Heimgartner, Larissa M. Bieler und Martina Fehr (von links).
Von Drachenwegen und neuen Familienhotels
Zu den am Tourismustag präsentierten Investitionen zählte die «Senda dil Dragun». Der im Juli 2021 eröffnete längste Baumwipfelpfad der Welt hat die Erwartungen übertroffen, wie Eliane Bernasocchi-Volken, Mitglied des Managements der Weissen Arena Gruppe, sagte. Bis Oktober 2021 wurden über 65'000 Ersteintritte gezählt. Auch eine Erfolgsgeschichte schreibt die Uffer AG mit ihrem Modulsystem QUADRIN aus Holz. Geschäftsführer Enrico Uffer berichtete von der Konzeption und dem Bau des im Juni 2021 eröffneten JUFA Hotels in Savognin.
Eliane Bernasocchi-Volken
Enrico Uffer
Dario Pirovino
Simon Albisser
Renato Fasciati
Ebenso auf heimische und erneuerbare Rohstoffe setzt die Firma Muntagnard. Mitgründer und Geschäftsführer Dario Pirovino stellte den Ansatz des Labels vor – «Nachhaltigkeit als Hebel für Innovation» –, und er blickte auf die Einführung der ACTIVA-Wintermaske in der Skisaison 2020/21 zurück. Nichts weniger als «die Alpen neu denken» will Simon Albisser mit dem Projekt der ersten Landesausstellung in den Schweizer Alpen. Von der Alpen-Expo 2027+ sollten alle profitieren, sagte der Muntagna-Fördervereinspräsident am Tourismustag. RhB-Direktor Renato Fasciati stellte das neue Angebot «Alpine Cruise» vor, welches die beliebtesten Ausflugsziele Graubündens auf dem Alpine Circle mit der Bahn verbindet.
Nino Schurter (Mitte) an der Inspiration Night im Suvretta House St. Moritz im Gespräch mit Claudio Zuccolini und Andri Franziscus (rechts).
Nino Schurter und Arno Del Curto als prominente Gäste
Bereits am Vorabend hatte sich die Branche zu einer Inspiration Night im Suvretta House St. Moritz getroffen. Prominenter Gast war der mehrfache Mountainbike-Weltmeister und Olympiasieger Nino Schurter. Er tritt seit 2021 für Graubünden Ferien als Fairtrail-Botschafter auf. Die Koexistenz aller auf den Bergwegen in Graubünden funktioniert aus seiner Sicht sehr gut. Fairtrail als Sensibilisierungskampagne schaffe Bewusstsein füreinander, sagte Schurter während eines lockeren Talks über Sport und Familie. Eine andere Persönlichkeit aus der Welt des Sports lieferte tags darauf den Einstieg in den Tourismustag: Trainer-Legende Arno Del Curto teilte seine Erfahrungen im Umgang mit Krisen. «Du musst so bleiben, wie du bist», erklärte Del Curto im Gespräch mit den beiden Moderatoren Claudio Zuccolini und Andri Franziscus. Als Quereinsteiger in die Hotellerie in Arosa komme es ihm heute zu gut, dass er Menschen gerne habe. Das Kapitel Eishockey sei hingegen erledigt. Ein neues Angebot als Trainer würde er «zu 100 Prozent» ablehnen – dafür fehle ihm die Energie, so Del Curto.
Arno Del Curto spricht am Tourismustag über die Bewältigung von Herausforderungen.
Ludwig Hasler mit einer philosophischen Sicht auf den Tourismustag.
Wie schon am Tourismustag 2019 von Graubünden Ferien fasste auch in Pontresina der Publizist und Philosoph Ludwig Hasler die Erkenntnisse aus dem Branchenanlass zusammen. Er gab zu bedenken, ob Wachstum stets der Weg zum Glück sei und hinterfragte manche Gewohnheiten im Berufsalltag, die bei näherer Betrachtung auch ganz anders gedeutet werden könnten. Der nächste graubünden Tourismustag wird Ende 2022 oder Anfang 2023 stattfinden.